Als Pfahlwurzler werden Baumarten bezeichnet, welche so genannte Pfahlwurzeln bilden. Diese Pfahlwurzel ist stark ausgeprägt und wächst vertikal in den Boden. Aus der Pfahlwurzel wiederum entspringen schräg oder waagrecht abgehende Seitenwurzeln, welche allerdings wesentlich schwächer hinsichtlich Länge und Durchmesser ausgeprägt sind. Synonym zu Pfahlwurzler wird oftmals der Begriff Tiefwurzler verwendet, die Pfahlwurzel entsprechend häufig Tiefwurzel genannt. Das Bild zeigt einen Sämling der Ohio-Rosskastanie (Aesculus glabra), ein in Nordamerika heimischer Vertreter der Rosskastanien.
Das Gegenstück sind Flachwurzler - beispielsweise Douglasien und Fichten. Sie bilden keine Pfahlwurzeln aus und sind häufig anfälliger für Sturmschäden (wobei es neben dem Wurzelsystem viele weitere relevante Faktoren gibt). Den Flachwurzlern haben wir HIER einen eigenen Blogartikel gewidmet. Außerdem gibt es noch Herzwurzler, deren Wurzeln in alle Richtungen vordringen, weder ausgeprägt tief noch flach. Der Querschnitt der Pflanzenwurzeln hat bei diesen eine Herzform. Die Begriffe Tiefwurzler, Flachwurzler und Herzwurzler beziehen sich also alle auf die Frage, ob die Wurzeln tief in den Erdboden vorstoßen oder sich knapp unter der Erdoberfläche eher horizontal ausdehnen.
Geht es um das Wurzelbild, also um die Ausgestaltung eines Wurzelsystems, welches sehr stark von der Gründigkeit des Bodens abhängt, spricht man von
- Pfahlwurzelsystem: eine senkrecht wachsende, verdickte Hauptwurzel dominiert (z.B. Deutsche Eiche, Traubeneiche, Kiefern, Tannen, Libanonzedern, Ulmen)
- Herzwurzelsystem: Am Wurzelstock werden mehrere, unterschiedlich starke Wurzeln ausgebildet (z.B. Bergahorn, Buchen, Birken, Hainbuchen, Lärchen, Linden, Speierling)
- Horizontalwurzelsystem: Die Hauptwurzel ist nur bei jungen Bäumen vorhanden. Es gibt mehrere waagrecht (plagiotrop) wachsende Seitenwurzeln (z.B. Pappeln)
- Senkerwurzelsystem, eine Mischform bei dem aus starken Horizontalwurzeln Senkerwurzeln senkrecht in den Boden wachsen (z.B. Esche, Fichte in der Altersphase).
Übrigens bilden nicht nur Bäume Pfahlwurzeln aus, sondern auch andere Pflanzen. Beispiele hierfür sind die Zuckerrübe und die Karotte. In beiden Fällen fungiert die Pfahlwurzel als Speicherorgan und ist deutlich verdickt. Die Pfahlwurzel ist dabei genau der Teil, der vom Menschen primär genutzt - sprich gegessen - wird. Entspringen der Pfahlwurzel stark verzweigte Sprossbasen, so wird diese Wuchsform als Pleiokorm-Pfahlwurzel bezeichnet. Dies ist beispielsweise bei der Skabiosen-Flockenblume der Fall.
Bäume, die das Pfahlwurzelsystem auch im ausgewachsenen, also im adulten Stadium beibehalten, sind unter anderem Tannen, Kiefern und Eichen. Diese Baumarten haben einen kräftigeren Stand und werden von Stürmen seltener umgeworfen. Tiefwurzler haben besonders auf trockenen und tiefgründigen Böden große Vorteile und kommen dort deswegen häufiger vor. Außerdem können sie Felsspalten besiedeln.
Wie entwickeln sich Pfahlwurzeln? Pfahlwurzeln entwickeln sich aus der Keimwurzel eines Samens und bilden die Primärwurzel. Sie verzweigt sich zu Sekundärwurzeln, die sich wiederum verzweigen und Tertiärwurzeln bilden. Diese können sich weiter verzweigen, um noch kleinere und feinere Wurzelchen zu bilden. Bei den meisten Pflanzenarten stirbt die Keimwurzel einige Zeit nach der Keimung des Samens ab, wodurch sich ein faseriges Wurzelsystem entwickelt, dem eine nach unten wachsende Hauptwurzel fehlt. Die meisten Bäume beginnen ihr Leben mit einer Pfahlwurzel, aber nach einem bis wenigen Jahren verwandelt sich das Hauptwurzelsystem in ein weit verzweigtes faseriges Wurzelsystem mit hauptsächlich horizontal wachsenden Oberflächenwurzeln und nur wenigen vertikalen, tief verankerten Wurzeln. Ein typischer ausgewachsener Baum mit einer Höhe von 30 bis 50 m hat ein Wurzelsystem, das sich horizontal in alle Richtungen erstreckt, mindestens so hoch wie der Baum selbst ist, aber bis zu 100 % der Wurzeln befinden sich in den obersten 50 cm des Bodens. Einen großen Einfluss auf den Aufbau de Pfahlwurzel haben die Bodeneigenschaften. So begünstigen beispielsweise tiefe und nährstoffreiche Böden bei vielen Eichenarten die Entwicklung vertikaler Pfahlwurzeln, während Lehmböden eher das Wachstum mehrerer Pfahlwurzeln fördern.
Ulmenarten (z.B. die Flatterulme) haben in der Jugend ein Pfahlwurzelsystem. Im Alter bildet sich ein Senkerwurzelsystem mit einer Tendenz zur Herzwurzel (viele Senker aus flach bis schräg streichenden Hauptwurzeln) aus. Selbst auf temporären Nassböden bilden Ulmen ein tiefes Wurzelgeflecht, dieses ist daher außerordentlich stabil.
Quellen:
- Jochen Kleinschmit und H. Weisgerber (Hrsg.): "Ist die Ulme noch zu retten?" Forschungsberichte der Hessischen Forstlichen Versuchsanstalt, Band 16 (1993)
- James D. Mauseth: "Botany: an introduction to plant biology" (2009)
- Werner Rothmaler: "Exkursionsflora von Deutschland", Band 4 (2005)
- Georg Vogel: "Handbuch des speziellen Gemüsebaues" (1996)
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